Situation am 18. November 2024 (aus: Briefing des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge - BAMF)
1. Israelische Luftangriffe
Bei israelischen Luftangriffen auf Ziele in den Damaszener Stadtteilen Mezzeh und Sayyida Zeynab, im südlichem Homs und im Damaszener Vorort Qudsaya wurden syrischen Staatsmedien zufolge mind. 15 Personen getötet und 16 weitere verwundet. Auch zivile Opfer, darunter mindestens zwei Kinder, sollen sich unter den Getöteten im
Stadtteil Mezzeh befunden haben. Das israelische Militär gab an, Infrastruktur und Kommandozentralen der Gruppierung Islamischer Jihad angegriffen zu haben. Die Nachrichtenagentur Associated Press zitierte ein anonymes Mitglied der Gruppierung Islamischer Jihad in Palästina, das bestätigte, dass ein Büro der Gruppierung in Damaskus getroffen und mehrere Mitglieder getötet worden seien.
2. US-amerikanische Luftangriffe
In Reaktion auf Angriffe mehrerer vom Iran unterstützter Milizen auf Angehörige des US-Militärs führten US-Truppen Luftangriffe auf insgesamt neun Ziele an zwei Standorten der Gruppierungen in Syrien durch. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete über die Tötung von fünf Iran-nahen Kämpfern und weiteren Verletzten an einem Standort der Gruppierungen in Albukamal.
Quellen:
1. Associated Press: Middle East latest: 3 young siblings killed in Gaza as Israeli strikes in Lebanon kill 6, 14.11.24; Associated Press: Emergency services at scene after 2 Israeli airstrikes hit Syria’s capital and a suburb, 14.11.24; Associated Press: Israeli strikes kill at least 12 Lebanese rescuers and 15 people in Syria, 15.11.24; Enab Baladi: Why has Israel intensified its strikes in Syria?, 16.11.24; Enab Baladi: ﺿﺣﺎﯾﺎ ﻣدﻧﯾون ﺑﮭﺟوم إﺳراﺋﯾل ﻋﻠﻰ اﻟﻣزة ﺑدﻣﺷﻖ [Civilian casualties in Israeli attack on Mazzeh in Damascus], 15.11.24.
2. Associated Press: US military strikes Iranian-backed militia targets in Syria, 12.11.24; The New Arab: US hits Iran-backed group in Syria: military, 13.11.24.
Situation am 4. November 2024 (aus: Briefing des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge - BAMF)
1. Geflüchtete aus Libanon
Jüngsten Schätzungen des UNHCR vom 01.11.24 zufolge sollen seit Beginn des Krieges in Libanon etwa 473.000 Personen nach Syrien geflohen sein. Darunter befänden sich demnach etwa 71 % Syrerinnen und Syrer, während der Rest libanesische und Drittstaatsangehörige sein sollen. Mehr als 80 % der aus Libanon geflohenen Haushalte bestehe dem UNHCR zufolge aus Frauen und Kindern.
UNRWA in Syrien berichtete, dass sich bis zum 27.10.24 insgesamt 904 palästinensische Familien, die aus Libanon geflohen seien, an das Flüchtlingshilfswerk gewandt hätten. Dies entspräche schätzungsweise 4.500 Personen, obgleich das UN-Hilfswerk davon ausgeht, dass die tatsächlichen Zahlen der nach Syrien geflohenen palästinensischen Familien deutlich höher sein dürften. Eine Umfrage, an der 733 dieser Haushalte teilnahmen, ergab, dass etwa 56 % zuvor in Syrien gelebt hatten und im Verlauf des Bürgerkriegs von dort geflohen seien.
Etwa 7.500 Personen sollen im Nordwesten Syriens Schutz gesucht haben, obgleich die innersyrischen Grenzübergänge in den Nordwesten für Personen aus Libanon bereits seit einigen Wochen geschlossen seien.
Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte (SNHR) registrierte zwischen 23.09. und 25.10.24 die Verhaftung von 25 aus Libanon eingereisten Syrern, sowie einer Syrerin, durch Regierungstruppen. Der Großteil der Inhaftierten stamme demnach aus Gebieten, die nicht vollständig unter egierungskontrolle stünden (Idlib, Deir ez-Zor, Suweida). Das Netzwerk betont, dass es sich bei den Zahlen, aufgrund methodischer und logistischer Einschränkungen sowie Sicherheitserwägungen, nur um das Minimum der tatsächlichen Anzahl derartiger Fälle handelt. Im Bericht enthaltenen Schätzungen zufolge sollen etwa 23.400 Syrerinnen und Syrer in Gebiete außerhalb der Regierungskontrolle gereist sein.
HRW dokumentierte durch Interviews mit Angehörigen die Verhaftung von fünf Syrern aus Libanon im Verlauf des Monats Oktober
2. Nordwesten: Bombardierung durch Regierungstruppen
Medienberichten zufolge bombardierte das syrische Militär weiterhin Ziele in Nordwestsyrien mit Artilleriefeuer und Raketen, aber auch mit sogenannten Kamikazedrohnen. Verlässliche Zahlen zu Toten und Verletzten gab es nicht.
Nachdem Teile der Bevölkerung aufgrund der militärischen Eskalation bereits in den vergangenen Wochen geflohen und zwischenzeitlich einige Familien wieder in ihre Häuser zurückgekehrt waren, flohen nun erneut 1.843 Personen aus ihren Häusern nahe des innersyrischen Frontverlaufs.
3. Zentralsyrien: US-amerikanische Luftangriffe
Das Zentralkommando der USA verkündete am 30.10.24, dass bei Luftangriffen auf mit dem IS in Verbindung gebrachte Ziele in Zentralsyrien zwei Tage zuvor 35 Angehörige der extremistischen Gruppierung getötet worden sein sollen. Demnach waren keine Berichte über zu Schaden gekommene Zivilpersonen bekannt.
4. Nordosten: Bombardierung durch türkisches Militär
Nach andauernden türkischen Luftangriffen auf Ziele im kurdisch-geführten Nordosten Syriens sind bis zum 29.10.24 insgesamt 18 Personen getötet und 60 weitere verwundet worden. Angaben des Militärrats von Manbij zufolge sollen im Verlauf des Oktobers allein auf das Umland Manbijs 689 türkische Geschosse, darunter Artillerie- und Mörsergranaten sowie Drohnen, abgefeuert worden sein. Neben zwei Kämpfern seien dort auch drei Zivilpersonen getötet und elf weitere verwundet worden. Im Gegenzug habe der Militärrat eigenen Angaben zufolge Operationen gegen sieben türkische Militärstützpunkte durchgeführt, im Rahmen derer 17 türkische Militärangehörige und zehn Kämpfer türkisch-unterstützter Milizen getötet sowie 21 weitere verwundet worden sein sollen. Diese Zahlen wurden durch das türkische Militär bislang allerdings nicht bestätigt und konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Quellen:
1. UNHCR: UNHCR Syria Short Brief, 03.11.24; UNHCR: Northwest Syria Flash Update #6. Response to Displacement from Lebanon to Syria, 01.11.24; UNRWA: UNRWA Situation Report #8 on the Syria Emergency Response to Displacement from Lebanon, 28.10.24; SNHR: A Dreadful Homecoming. Widespread Human Rights Violations Against Syrian Refugees Returning from Lebanon, 29.10.24; HRW: Syrians Fleeing Lebanon Risk Repression Upon Return, 30.09.24.
2. Enab Baladi: Intensive shelling by regime forces in northwestern Syria, 31.10.24; Enab Baladi: Idlib: Families displaced due to renewed shelling, 31.10.24.
3. USCENTCOM: U.S. Central Command Conducts Airstrikes Against Several ISIS Camps in Syria, 30.10.24; Associated Press: US airstrikes target multiple sites in Syria, killing up to 35 Islamic State militants, 30.10.24.
4. Associated Press: Kurdish leader in Syria calls for diplomatic solutions to conflict with Turkey, 29.10.24; NPA: Turkish forces hit Syria’s Manbij with about 700 shells in October – SDF, 31.10.24.
Situation am 28. Oktober 2024 (aus: Briefing des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge - BAMF)
Damaskus - Israelische Luftangriffe
Bei einem israelischen Luftangriff am 21.10.24 auf ein Auto im Damaszener Stadtteil Mezzeh, wurden syrischen Staatsmedien zufolge zwei Personen getötet. Einem Sprecher des israelischen Militärs zufolge soll der Leiter eines Geldtransferunternehmens der Hisbollah unter den Toten gewesen sein. Mezzeh war in der Vergangenheit bereits mehrfach Ziel israelischer Luftangriffe.
Bei weiteren mutmaßlich israelischen Luftangriffen am 24.10.24 auf Ziele im Damaszener Stadtteil Kafr Sousa und einen Militärstandort im ländlichen Homs, wurde dem syrischen Verteidigungsministerium zufolge ein Soldat getötet und sieben weitere verletzt.
Nordosten - Bombardierung durch türkisches Militär
Nach einem tödlichen Anschlag der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in Ankara bombardierte das türkische Militär am 23.10.24 und den darauffolgenden Tagen Ziele in Syrien, die es mit der PKK und mit ihr affiliierten Gruppierungen in Verbindung setzte. Angaben der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) zufolge sollen bei den Luftangriffen am 23.10.24 zwölf Zivilpersonen getötet und 25 weitere verwundet worden sein. Die einflussreichsten Streitkräfte innerhalb der SDF, welche im Nordosten die Kontrolle ausüben, stellen die Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel, YPG) dar, die von der Türkei als PKK-nah betrachtet werden. Unter den getroffenen Zielen sollen den SDF zufolge
Bäckereien, Stromwerke, Ölanlagen und lokale Checkpoints gewesen sein.
Am 24.10.24 wurden Medienberichten zufolge Ziele in al-Bab, im Gouvernement Aleppo, aus Gebieten unter Kontrolle der SDF bombardiert und sieben Zivilpersonen verwundet.
Kurz zuvor war durch die SDF eine Stellungnahme veröffentlicht worden, in der Gegenschläge gegen türkische Stützpunkte und Standorte von durch die Türkei unterstützten Milizen verkündet wurden, im Rahmen derer mehrere Militärangehörige getötet worden
sein sollen.
Quellen
1. Reuters: Two killed in missile attack on car in Syrian capital, state media say, 21.10.24; Reuters: Syria says Israeli strikes kill one soldier, wound seven, 24.10.24; Enab Baladi: Israel strikes sites in Damascus and Homs, 24.10.24 und Associated Press: Turkey strikes Kurdish militant targets in Iraq and Syria following deadly attack on defense company, 24.10.24, Associated Press: Turkey strikes Kurdish militant targets in Syria and Iraq for a second day, 25.10.24 Associated Press: Kurdish militants claim responsibility for deadly attack on Turkish defense firm, 25.10.24.
2. Reuters: Turkey steps up strikes on PKK in Iraq, Syria after Ankara attack, 24.10.24; Reuters: Israeli airstrike attacks Syrian military targets, SANA says, 26.10.24; Enab Baladi:
Turkey strikes northern Syria following Ankara attack, 24.10.24; Enab Baladi: Rocket shelling targets al-Bab, east of Aleppo, 25.10.24; Enab Baladi: Turkey continues its escalation in northeastern Syria, 25.10.24.
Untersuchung belegt Erfolge bei der Arbeitsmarktintegration von männlichen Geflüchteten aus Syrien und dem Irak
In den Jahren 2015 bis 2017 kamen ungewöhnlich viele Geflüchtete aus Syrien und dem Irak nach Deutschland. Die Geflüchteten, die gegen Ende dieses Zeitraums zugezogen sind und sich im SGB-II-Leistungsbezug befanden, hatten im Vergleich zu denjenigen, die zu Beginn dieses Zeitraums zugezogen sind, seltener einen Berufsabschluss. Die Sprachkenntnisse waren aber vergleichbar. Der Abbau beider Hemmnisse verlief dabei sehr ähnlich. Die Erwerbsbeteiligung stieg in beiden Gruppen bis 2022 deutlich – und damit sank auch deren Hilfebedürftigkeit.
In einer kürzlich veröffentlichten Ausgabe des vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit herausgegebenen IAB-Forums belegen Untersuchungen von Sebastian Bähr, Jonas Beste und Claudia Wenzig einen insgesamt positiven Trend bei den Beschäftigungsaufnahmen von Geflüchteten, die zuvor Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchenden bezogen hatten. Insbesondere männliche Geflüchtete konnten im Vergleich zu Leistungsbeziehenden ohne Fluchthintergrund aufschließen.
Mehr dazu hier.
SVR zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW zu Syrien: Was sie bedeutet und was nicht
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 16.07.2024 entschieden, dass für Zivilpersonen in Syrien keine ernsthafte, individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Bürgerkrieg) mehr besteht.
In einem heute veröffentlichten Pressestatement erläutert der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) die möglichen Folgen. Dazu erklärt der SVR-Vorsitzende Prof. Dr. Hans Vorländer: „Die Entscheidung des OVG hat viele Nachfragen erzeugt und für Unsicherheit über mögliche Folgen auch bei anerkannten Schutzberechtigten aus Syrien gesorgt. Die Entscheidung bedeutet zunächst aber nur, dass eine Anerkennung von neuen Schutzsuchenden aus Syrien nicht auf die Bürgerkriegsklausel im Rahmen des subsidiären Schutzes gestützt werden kann. Bei den in den letzten Jahren nach dieser Regelung anerkannten Syrerinnen und Syrern dagegen ändert das Urteil zunächst nicht deren Aufenthaltsstatus.“
SVR-Mitglied Prof. Dr. Winfried Kluth weist aber darauf hin, dass nun durchaus geprüft werden könnte, ob dieser widerrufen werden kann: „Da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Sichtweise des OVG NRW teilt, ist davon auszugehen, dass es zu entsprechenden Verfahren kommen wird. Diese sind allerdings mit einem hohen Aufwand verbunden. Das alleine ändert zudem auch noch nicht die aufenthaltsrechtliche Lage. Die aufgrund der Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigte erteilten Aufenthaltstitel bestehen grundsätzlich auch im Falle eines Widerrufs fort und müssen in einem eigenen Verfahren durch die jeweils zuständigen Ausländerbehörden überprüft werden.
Oft wird es sich bereits um Niederlassungserlaubnisse handeln, die nicht wegen des Wegfalls der Anerkennung alleine widerrufen werden können. Zudem sind viele Syrerinnen und Syrer inzwischen eingebürgert, da sich sehr viele schnell und gut integriert haben. Ein Widerruf kommt deshalb vor allem dann in Frage, wenn der Aufenthalt nicht verfestigt ist und z. B. keine Beschäftigung vorliegt.“
Die Frage der Ausweisung bzw. Rückführung sei dann noch einmal gesondert zu prüfen, so der SVR. Dabei komme es auf andere Kriterien an. In Bezug auf Syrien müsse die Lage jetzt neu beurteilt werden; dieser Prozess sei in Bezug auf Afghanistan derzeit im Gange. „Ohne die entsprechenden Informationen ist das Ergebnis schwer zu beurteilen“, so der SVR-Vorsitzende Prof. Vorländer. Es gebe jedenfalls neue Überlegungen, wie Personen in sichere Landesteile in Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten verbracht werden können. „Ein solches Vorgehen ist kompliziert, aber auch nicht rechtlich ausgeschlossen. Es kommt auch hier auf eine belastbare Beurteilung der Gefährdungslage an. Der SVR hat schon mit Blick auf sichere Herkunftsstaaten angeraten, dass die Transparenz von Einstufungsentscheidungen erhöht werden sollte; es muss nachvollziehbar gemacht werden, auf welcher faktischen Grundlage sie gefällt werden. Der SVR hat vorgeschlagen, eine unabhängige Stelle beim Bundesverwaltungsgericht zu schaffen, die diese faktischen Grundlagen transparent darlegt. An diese Überlegungen könnte nun aus gegebenem Anlass angeknüpft werden.“